Freitags sind wir nie da

managerSeminare, November 2014

Freitags sind wir nie da

Teilzeit arbeiten und dennoch als Führungskraft erfolgreich sein? Geht nicht, unmöglich, so schien es bisher. Doch eine neue Generation von Managern merkt nun: Unsinn, es geht! Sogar mit Gewinn für beide Seiten – die Führungskraft und das Unternehmen. Warum in der modernen Arbeitswelt eine Vier-Tage-Woche zur Regel werden könnte.

Ist es möglich, dass ein Unternehmen für alle Mitarbeiter eine Vier-Tage-Woche einführt, dabei die Einkünfte jährlich um 120 Prozent steigert und einen Jahresumsatz von zehn Millionen Dollar macht? Diese Frage stellt Ryan Carson, CEO des Online-Lernanbieters Treehouse in Portland, USA. Die Antwort darauf gibt er gleich selbst: „Ja, ist es“. Als Beweis führt Carson das eigene Unternehmen an, in dem alle 70 Mitarbeiter 32 Stunden in der Woche arbeiten und die genannten Kennzahlen erreichen. Gearbeitet wird von Montag bis Donnerstag, der Freitag ist für die Treehouse-Mitarbeiter frei.

Mit seiner ungewöhnlichen Arbeitszeitregelung heizt Carson eine Diskussion an, die Firmenlenker in Angst und Schrecken versetzt. Denn: Welcher Firmenchef fürchtet nicht erst einmal einen gewaltigen Produktivitäts- und Kontrollverlust, wenn er an eine unternehmensweite Teilzeitregelung denkt? Teilzeitpionier Carson kann die Bedenken durchaus nachvollziehen, doch lässt er sie nicht gelten: „Es fühlt sich unmöglich an – bis man es versucht“, schreibt er in seinem Blog.

2 x 80 Prozent: So lassen sich Erwerbs- und Familienarbeit teilen

Es zu versuchen, sollten Unternehmen nicht pauschal von sich weisen. Im Gegenteil: Die Anzeichen dafür, dass Firmen stärker als bisher über Teilzeitregelungen nachdenken müssen, werden deutlicher – und das aus mehreren Gründen. Einer davon ist die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die im Alltag mit dem bisherigen, klassischerweise ausgeübten Arbeitszeitmodell nicht wirklich in die Praxis umgesetzt werden kann. Denn: Arbeitet der Mann Vollzeit und die Frau zu 50 Prozent, lassen sich Familien- und Erwerbsarbeit nicht partnerschaftlich teilen. Arbeiten beide Elternteile jedoch zum Beispiel zu 80 Prozent, verbessert die Frau ihre beruflichen Chancen. Der Mann erhält mehr Spielraum für die Familie. Und beide Partner finden auch noch Raum für sich selbst.

Aktuellste und vielleicht prominenteste Vertreterin dieser Arbeitszeitregelung ist Manuela Schwesig. Die Bundesfamilienministerin erntete zwar viel Gegenwind mit dem Vorschlag, die 32-Stunden-Woche für Mütter und Väter mit kleinen Kindern einzuführen und den Verdienstausfall zumindest teilweise über die Steuer auszugleichen. Dennoch befeuerte ihr Vorschlag die Idee einer geschlechterübergreifenden Arbeitszeitverkürzung.

Auch Professorin Jutta Allmendinger, Präsidentin des „Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung“, plädiert für eine 32-Stunden-Woche für Frauen und Männer – und zwar im Durchschnitt über das gesamte Arbeitsleben gerechnet. Allmendinger geht es jedoch nicht ausschließlich um die größere Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern, sondern auch um eine generelle Reduzierung der Vollzeit. Grundsätzlich gilt aus ihrer Sicht für alle Arbeitnehmer – also auch nicht nur für diejenigen mit kleinen Kindern: Jeden Tag voll zu arbeiten plus Überstunden, sei auf Dauer nicht zu schaffen. Allmendinger: „Jeder Mensch braucht und will auch Zeit für Gespräche, Urlaubsplanungen, Freunde und natürlich auch die Familie.“

Das Ziel: Ausgeruhter und besser arbeiten

Was es mit sich bringt, für diese Dinge mehr Zeit zu haben, wird unter anderem in Großbritannien untersucht, wo das Thema Teilzeitarbeit ebenfalls Fahrt aufnimmt. Hier brachte die New Economics Foundation NEF die Diskussion um eine 30-Stunden-Woche in die einschlägigen Wirtschaftsmagazine. Die in dem Think Tank zusammengeschlossenen Ökonomen erklären: Eine verkürzte Arbeitszeit steht für mehr Gesundheit und Zufriedenheit der Arbeitnehmer. Und sie ist laut NEF zu erreichen, ohne die Wirtschaft zu schwächen. Anna Cote, Head of Social Policy bei der NEF meint daher: „Es ist an der Zeit, aus Teilzeit die neue Vollzeit zu machen.“

Viele Angestellte in kleinen und großen Unternehmen – Fachkräfte wie Führungskräfte – würden diese Forderung wohl sofort unterschreiben, auch in Deutschland. So berichtet die Hamburger Karriereberaterin Svenja Hofert, dass viele Angestellte tatsächlich das Bedürfnis nach einem verringerten Arbeitspensum verspüren. Dabei teilt sie die Meinung und Beobachtung der Soziologin Jutta Allmendinger, wonach dieses Bedürfnis nicht allein mit einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun hat. Vielmehr würden die Anforderungen an Fach- und Führungskräfte weiter steigen. Hochqualifizierte Mitarbeiter seien mit komplexen Aufgabenstellungen konfrontiert, die ständige Erreichbarkeit setze ihnen zu. Immer häufiger klagten sie über psychische und körperliche Beschwerden.

Für Svenja Hofert ist klar: „Reicht das Wochenende nicht aus, um Energie zu tanken, muss die Arbeitszeit reduziert werden.“ Und dabei geht es keinesfalls um Bequemlichkeit, betont sie. Im Gegenteil: Insbesondere motivierte und leistungsstarke Mitarbeiter wünschten sich mehr Freizeit – nicht zuletzt, um im Job mehr Leistung bringen zu können. Hofert: „Gerade sie möchten keine halben Sachen machen.“

Heißt das: Teilzeitarbeiter liefern bessere Arbeitsergebnisse? Thorsten Reiter ist sich sicher: tendenziell ja! Der 25-jährige gründete bereits mit 16 Jahren sein erstes Unternehmen. Heute ist er Speaker, Buchautor, Consultant, er berät Unternehmen im Umgang mit Vertretern der Generation Y. Der Mannheimer ist alles andere als arbeitsscheu – und dennoch ein Verfechter von Teilzeitregelungen. Seine Argumentation: „Wer ständig unter Spannung steht und die Arbeit am Wochenende mit nach Hause nimmt, hat keine Zeit für geistige Quantensprünge. Die Arbeit wird mechanisch und alles andere als innovativ erledigt.“ Als geradezu naiv bezeichnet Reiter die Vorstellung, dass Arbeitnehmer „nine to five“ hundertprozentige Leistung bringen. „Wer acht Stunden und mehr arbeitet, trödelt zwischendrin und versucht, das Entspannungsdefizit auf diese Weise auszugleichen.”

Molkerei Tine: Infolge von Teilzeit stieg die Produktivität

Nicht nur die US-Company Treehouse, sondern auch Vorreiter-Unternehmen außerhalb der USA, geben den Vertretern einer Arbeitszeitverkürzung Recht. Allen, die von einer steigenden Arbeitsleistung bei gesunkener Stundenzahl ausgehen, liefern sie Beweise – schwarz auf weiß. Beispielsweise die norwegische Großmolkerei Tine. Sie hat für all ihre Mitarbeiter eine 30-Stunden-Woche eingeführt. Bei gleicher Bezahlung. Und mit ehrgeizigem Ziel: In sechs Stunden täglich wollte das Unternehmen ebenso viel produzieren wie bisher in siebeneinhalb. Das Ergebnis: Die Produktivität stieg nicht nur um diejenigen 20 Prozent, die zum Ausgleich gereicht hätten. Sondern sie stieg sogar um 50 Prozent.

Es kristallisiert sich heraus: Unter den denkbaren Teilzeitmodellen scheint es die 30- bis 32-Stunden- oder Vier-Tage-Woche zu sein, die am deutlichsten positive Effekte erzielt. Insbesondere für Führungskräfte ist sie das Modell, das sich am besten durchsetzen lässt. „80 Prozent sind vollzeitnah und werden gar nicht so sehr als Teilzeit wahrgenommen“, sagt Beraterin Svenja Hofert. Dennoch gewinne der Arbeitnehmer einen deutlichen Spielraum für Erholung, Freizeit und Familie. Sabine Prößl, die sich bei der Commerzbank um die Flexibilisierung der Arbeitszeiten kümmert, bestätigt: „Bei Führungskräften, die ihre Arbeitszeit reduzieren, ist die vollzeitnahe Teilzeit der absolute Regelfall.“

Ein solches Modell hat auch Andrea Kreuder-Brühl gewählt. Sie leitet bei der Commerzbank die Abteilung Marktdaten im Group Risk Management. Jeden Tag verlässt sie gegen 16 Uhr das Büro. So arbeitet sie, seit ihre Kinder auf der Welt sind. Mittlerweile sind sie neun und elf Jahre alt. „Ich möchte nicht, dass meine Kinder komplett auf sich allein gestellt sind, weil beide Eltern Vollzeit arbeiten“, begründet die Bankerin ihre Entscheidung. Kreuder-Brühl und ihr Team sind gut aufeinander eingespielt. In der Regel reichen tägliche kurze Absprachen der Führungskraft mit ihrem Stellvertreter, damit die Abteilung reibungslos arbeiten kann – auch dann, wenn Kreuder-Brühl selbst nicht am Ort ist.

Teilzeit-Vorteil: Mit Abstand geht die Arbeit leichter von der Hand

„Man gewinnt ein großes Stück Flexibilität“, sagt die Abteilungsleiterin zu ihrer auf 80 Prozent reduzierten Arbeitszeit. Zwar sei es nach wie vor anspruchsvoll, beiden Seiten – Beruf und Kindern – gerecht zu werden. Aber, so Kreuder-Brühl: „Die Kinder entspannen mich auch sehr. Ich schalte sofort ab, wenn sie auf mich einstürmen, Fragen zu den Hausaufgaben haben oder zum Sport gefahren werden wollen.“ In der Folge hat sie einen Effekt bemerkt, von dem viele Teilzeitarbeiter berichten: Mit dem gewonnenen Abstand geht die Arbeit am nächsten Tag leichter von der Hand. Hinzu kommt, dass die Arbeitsphasen komprimierter und intensiver werden. „Es fehlt schlicht und einfach die Zeit für lange Plaudereien, wenn man zu einer bestimmten Zeit das Büro verlassen möchte oder sogar muss“, so Kreuder-Brühl.

Trotz solch positiver Beispiele – das Vorurteil „beruflicher Erfolg und eine reduzierte Arbeitszeit passen nicht zusammen“, sitzt tief. Dem Thema Teilzeit wird in den meisten Unternehmen restriktiv und skeptisch begegnet. „Das Problem sind Vorgesetzte, die seit Beginn ihrer Karriere stetig mehr gearbeitet haben und dennoch immer das Gefühl haben, nicht Herr über ihre Aufgaben zu werden, erklärt der Mannheimer Berater Thorsten Reiter. „Diese Chefs können und wollen oftmals nicht einsehen, dass eine neue Generation es nicht genauso tun will oder gar muss.“ „Wir haben in Deutschland nach wie vor eine Präsenzkultur“, bestätigt die Wirtschaftsprofessorin Britta Kuhn, die an der Wiesbaden Business School zum Thema forscht. Und diese Kultur werde von den Firmen, allerdings auch von vielen Führungskräften, trotz aller guten Argumente für Teilzeitregelungen, reflexhaft verteidigt. Wichtig sei es daher vor allem, Vorbilder zu schaffen – am besten auch männliche.

Beispiel Bosch: Das Projekt MORE öffnet Chefs für Teilzeit

Den Weg, den Britta Kuhn aufzeigt, beschreitet zum Beispiel die Robert Bosch GmbH. Der Automobilzulieferer und Hersteller von technischen Geräten hat das Projekt MORE (Mindset Organisation Executives) initiiert und will damit mehr Akzeptanz für flexible und reduzierte Arbeitszeiten erzeugen. Das Projekt, das im Jahr 2011 startete und aufgrund des Erfolgs weitergeführt wurde, sieht vor, dass Führungskräfte die flexiblen bzw. reduzierten Arbeitszeiten mindestens drei Monate lang für sich selbst testen können. In dieser Zeit soll die jeweilige Führungskraft merken, dass Führung auch dann funktioniert, wenn sie nicht ständig verfügbar ist. Zudem soll sie den Mehrwert von Teilzeitregelungen am eigenen Leib erfahren. Heidi Stock, bei Bosch Leiterin der Zentralstelle Mitarbeiterentwicklung, Vielfalt und Chancengleichheit, erklärt: „Wir wollten Vorbilder schaffen und Unterstützer finden.“

Mittlerweile haben weltweit 1.000 Führungskräfte an dem Programm von Bosch teilgenommen. 80 Prozent von ihnen haben ihre Arbeitszeit flexibilisiert – das heißt, sie haben zum Beispiel an einem Tag in der Woche von zu Hause gearbeitet oder sind an zwei Nachmittagen früher gegangen und haben die Arbeit dafür später am Abend erledigt. 20 Prozent haben ihre Arbeitszeit reduziert, meist auf 80 Prozent. Das Modell hat viele Projektteilnehmer so überzeugt, dass sie die geänderte Arbeitszeit gleich beibehalten haben. Zum Beispiel ein Marketingmanager, der jetzt regelmäßig montags für seine Familie da ist und lobt: „Es ist ein Stück Lebensqualität hinzugekommen.“

Umfangreiche Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibilisierung hatte Bosch bereits vor längerer Zeit eingeführt, erklärt HR-Expertin Stock. Mit dem MORE-Projekt wollte das Unternehmen einen weiteren Sprung nach vorn schaffen – weg von der Präsenzkultur, hin zur Ergebnisorientierung. Ein wichtiger dahinter stehender Gedanke sei gewesen, dass das Geschäftsmodell von Bosch auf technischen Innovationen beruhe – und sich die für Innovationen nötige Kreativität nicht verordnen lasse. „Es kann sein, dass die kreativen Gedanken nicht am Schreibtisch, sondern beim Joggen im Wald kommen, so Stock. „Deshalb wollen wir den Mitarbeitern Freiräume eröffnen.“

Kulturwandel nötig: Teilzeit fußt auf Vertrauen und Loyalität

Klar ist den Experten, dass ein solcher Kulturwandel im Unternehmen Zeit benötigt. „Am Anfang möchten alle nur mit der Führungskraft selbst sprechen“, weiß zum Beispiel Sabine Prößl von der Commerzbank. Mit der Zeit jedoch spiele sich das ein, und der Stellvertreter werde ebenso akzeptiert wie der eigentliche Chef. Auch die Absprachen zwischen Führungskraft und Stellvertreter seien sehr gut machbar.

Wichtig dabei ist jedoch, dass alle mitspielen. Was das bedeutet, weiß Sissi Closs. Die Beraterin aus der Nähe von Starnberg und Professorin für Informationstechnik hat über viele Jahre ein Unternehmen mit besonders flexibler Arbeitszeitgestaltung geführt. Sie betont: „Es funktioniert nicht, wenn der Stellvertreter nur darauf lauert, wichtige Termine selbst wahrnehmen zu können. Das untergräbt die Autorität der Führungskraft.“ Ebenfalls wichtig bei der Terminvereinbarung: Die Führungskraft in Teilzeit darf sich nicht minderwertig fühlen. Und schon gar nicht darf sie sich für ihre Nicht-Anwesenheit entschuldigen, sagt Closs. „Das ist eine ganz schlechte Verhandlungsbasis.“

Teilzeitarbeiter müssen sich nicht entschuldigen

Nicht nur bei Terminabsprachen im Rahmen einer bestehenden Teilzeitarbeit – sondern auch, wenn es erst einmal überhaupt darum geht, mit dem eigenen Chef über Teilzeitarbeit zu verhandeln, gilt: Niemand, der eine Vier-Tage-Woche anstrebt, braucht ein schlechtes Gewissen zu haben. Entschuldigungen und auch großartige Argumentationen sind nicht notwendig, meint Svenja Hofert. Sie setzt sich nicht nur als Karriereberaterin, sondern auch als Buchautorin und Bloggerin mit neuen Karrieren und der Arbeitswelt der Zukunft auseinander und findet mehr Selbstverständnis gegenüber Teilzeitarbeit angezeigt. Gleichzeitig empfiehlt sie: „Sollte der Chef Bedenken haben, hilft es oft, eine Probezeit zu vereinbaren.“

Zudem kann gemeinsam überlegt werden, wo sich Zeit einsparen lässt, die im Vollzeitmodus unproduktiv verbracht wird. Zeit zum Beispiel, die in ausufernden Besprechungen abgesessen wird. Oder die für politisches Taktieren draufgeht. Denn das Taktieren spielt laut Hofert in klassischen Unternehmen nach wie vor eine große Rolle. Dagegen seien in der IT-Branche und in virtuellen Projektteams Machtrangeleien wesentlich weniger verbreitet. Die Teams würden hier in flachen Strukturen und mit klaren Regeln gut geführt. Hofert: „Je weniger Hierarchien, desto weniger Machtkämpfe gibt es auch. Und umso mehr Zeit bleibt für die Arbeit an der Sache.“

US-Company verbindet Teilzeit mit Selbstorganisation

So ist es keine Überraschung, dass Unternehmen wie Treehouse zu den Vorreitern bei der Vier-Tage-Woche zählen. Denn bei Treehouse gibt es überhaupt keine Führungskräfte. Die Mitarbeiter führen sich selbst – und überlassen auch die Aufgabenverteilung der Selbstorganisation. Jeder kann Projekte vorschlagen, denen sich die anderen anschließen können. Hierzu erhält jeder Mitarbeiter jeden Tag eine Mail, die alle vorgeschlagenen Projekte auflistet. Wer eine Rolle in einem Projekt übernehmen möchte, klickt auf „join“.

Insgesamt baut das Unternehmen stark auf asynchrone Kommunikation: „95 Prozent aller Kommunikation erfolgt schriftlich“, erklärt CEO Carson. Denn, so hat er beobachtet: „Telefonanrufe und Meetings halten von der kreativen Arbeit ab.“ Selbstverständlich gibt es bei Treehouse auch keine Vorgaben, wann ein Mitarbeiter erreichbar sein muss. Carson: „Wir lassen die Mitarbeiter ihre eigenen Prioritäten setzen. Sie kommunizieren dann, wenn sie das möchten.“

7 gute Gründe für die Vier-Tage-Woche

1. Weniger Stress: Arbeiten beide Elternteile 80 Prozent, können sie sich Erwerbs- und Familienarbeit gleichberechtigt teilen. Das reduziert für beide Seiten Stress und fördert letztlich die Gesundheit. So erfährt der zuvor meist mit Job und Familie doppelt belastete Partner Unterstützung bei der Kinderbetreuung oder der Pflege kranker Eltern. Und der zuvor Vollzeit-Arbeitende kann früher und besser vom Job abschalten. Am Ende kommt das dem Unternehmen zugute.

2. Bessere Nutzung von Potenzialen: Meist sind es Frauen, die für die Familie beruflich kürzer treten. Der Klassiker ist dann „Halbtagsarbeit“. Mit einer Vier-Tage- oder 32-Stunden-Woche lässt sich das Potenzial der vielfach gut ausgebildeten Frauen besser nutzen. Denn vier Tage oder 80 Prozent sind fast wie ein Vollzeitjob.

3. Größere Arbeitgeberattraktivität: Mehr und mehr Unternehmenslenker akzeptieren, dass Fach- und Führungskräfte auch einmal ein Hobby intensiver betreiben oder vielleicht ein Buch schreiben wollen. Die Vier-Tage-Woche bietet hierfür Spielraum, ermöglicht auf diese Weise Selbstverwirklichung und bewirkt, dass der Einzelne mit größerer Zufriedenheit zur Arbeit geht –  oder sich überhaupt für einen Arbeitgeber entscheidet.

4. Mehr Kreativität: Die Experten sind sich einig: Wer regelmäßig Abstand von seiner Arbeit gewinnt, findet kreativere Lösungen. Das ist besonders bei komplexen Aufgabenstellungen und in innovativen Unternehmen von Bedeutung.

5. Gesteigerte Motivation: Nach einem langen Wochenende kommen die Mitarbeiter frischer und motivierter ins Büro. Sie haben nicht länger das Gefühl, sich ständig abhetzen zu müssen.

6. Führungsverantwortung ist möglichViele Beispiele aus Unternehmen zeigen: Auch Führungsaufgaben sind mit der Vier-Tage- oder 32-Stunden-Woche sehr gut vereinbar. Wichtig ist nur ein Stellvertreter, der einspringt, wenn die Führungskraft nicht da ist. Zudem braucht es eine Unternehmenskultur, in der die Autorität der Führungskraft gewahrt bleibt.

7. Höhere Produktivität: Wer in Teilzeit arbeitet, ist produktiver. Schließlich will oder muss er zu einer bestimmten Zeit die Firma verlassen – und vorher seine Aufgaben erledigt haben. Hinzu kommt: Private Termine wie etwa Arztbesuche werden seltener in die Arbeitszeit gelegt.

Andrea Bittelmeyer